Vorteile der EU Insolvenz

Die differenzierte Insolvenzgesetzgebung innerhalb der Europäischen Union (EU) eröffnet interessante juristische Spielräume und bietet Individuen sowie Unternehmen strategische Optionen zur Schuldenregulierung. Diese Diversität, obwohl sie auf den ersten Blick als Fragmentierung des europäischen Rechtsraumes erscheinen mag, erlaubt eine Form des „forum shopping“, bei dem Schuldner die für sie günstigste Rechtsordnung für ein Insolvenzverfahren auswählen können.

Die Republik Irland hat sich in den letzten Jahren als bevorzugter Gerichtsstand für Insolvenzverfahren innerhalb der EU herauskristallisiert, vor allem aufgrund des Personal Insolvency Act 2012, der weitreichende Reformen im irischen Insolvenzrecht eingeführt hat. Diese Reformen, insbesondere die Einführung des Personal Insolvency Arrangement (PIA), bieten Schuldnern signifikante Erleichterungen, indem sie unter anderem die Möglichkeit einer Restschuldbefreiung innerhalb eines kürzeren Zeitraums als in vielen anderen EU-Mitgliedstaaten ermöglichen.

Im Gegensatz dazu sind die Insolvenzverfahren in Ländern wie Deutschland, Österreich und Italien durch eine vergleichsweise rigide Struktur gekennzeichnet, die eine längere Dauer bis zur möglichen Entschuldung aufweist. Beispielsweise sieht die deutsche Insolvenzordnung (InsO) in § 287 Abs. 2 eine Wohlverhaltensphase vor, die sechs Jahre beträgt, bevor eine Restschuldbefreiung erteilt werden kann. Diese striktere Handhabung steht im Kontrast zu den flexibleren irischen Regelungen, die eine attraktive Alternative für Schuldner darstellen können.

Der Vorteil der Inanspruchnahme des irischen Insolvenzrechts liegt nicht nur in der potenziell schnelleren Entschuldung, sondern auch in der fortschrittlichen Handhabung der Verfahren, die eine individuellere und oft wirtschaftlich rationalere Lösung für die Schuldenproblematik bieten. Diese juristische Flexibilität innerhalb der EU ermöglicht es Schuldnern, von restriktiveren nationalen Gesetzgebungen zu profitieren, indem sie die weniger restriktiven und schuldnerfreundlicheren Rahmenbedingungen Irlands nutzen.

Die EU-Insolvenzverordnung (Verordnung (EU) 2015/848) unterstützt dieses Vorgehen, indem sie die gegenseitige Anerkennung von Insolvenzverfahren innerhalb der Mitgliedstaaten regelt und damit die Durchführung eines Insolvenzverfahrens in einem Mitgliedstaat erleichtert, dessen Rechtsvorschriften für den Schuldner günstiger sind. Dies fördert eine europaweite juristische Kohärenz, während es gleichzeitig den rechtlichen Pluralismus innerhalb der Union würdigt.

Zusammenfassend bietet die differenzierte Insolvenzgesetzgebung innerhalb der EU und insbesondere die Wahl des irischen Rechtssystems strategische Vorteile für Schuldner. Dieses Phänomen unterstreicht die Bedeutung des europäischen Rechtspluralismus und bietet eine faszinierende Perspektive auf die Möglichkeiten und Herausforderungen der rechtlichen Integration und Harmonisierung in der EU.

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